Mutter im selben Haus

„Sehr geehrte Frau Lingnau, meine Eltern wohnen im selben Haus mit uns, wir oben, sie unten. Seit ich denken kann, hat mein Vater nie mit mir geredet, er motzte nur und hat meine Mutter furchtbar kommandiert.

Ich bin die einzige Tochter. Obwohl alles schwierig war, haben wir uns vor 15 Jahren zusammen dieses Haus gekauft. Ich denke, meine Mutter tat mir leid, ich wollte sie mit meinem Vater nicht alleine lassen.

Aber es ist furchtbarer geworden, als wir uns es vorgestellt haben. Wir wollten uns zwischenzeitlich doch etwas Eigenes suchen, das scheiterte aber an meinem Mitgefühl für meine Mutter und daran, dass sie pflegebedürftiger wurde. Ich bin nun ausgelaugt, traurig und wütend zugleich und mir graust es manchmal davor, nach Hause zu gehen. Ich bin immer froh, wenn ich einen Grundhabe, das Haus zu verlassen. Was kann ich tun, damit ich das besser ertrage?”

Die äußeren Faktoren wollen oder können Sie jetzt nicht aus Ihren Gründen verändern, jedenfalls scheint es keine schnelle Lösung zu geben. Das erste, was mir spontan einfällt zu Ihrer Situation, ist, dass Sie sich so viele „Inselchen der Ruhe” wie möglich einrichten sollten.

Es wäre gut, wenn Sie über geschützte Räume verfügten, die nur für Sie da sind und wo Sie niemand stören oder behelligen darf.

Ich denke hier etwa an ein spezielles Plätzchen im Garten, das Ihr kleines Reich ist, und/ oder an ein eigenes Zimmer, das nur Sie betreten dürfen. Wenn Sie wollen, können Sie den Familienmitgliedern durch einen grünen Punkt außen an der Tür (Anklopfen erlaubt) und durch einen roten Punkt (Stopp! Will nicht gestört werden!) einen zusätzlichen Kommunikationshinweis geben. Auch feste Termine wie ein Vormittag in der Sauna oder ein Abend beim Sport gehören ebenso dazu.

Ihre Inseln der Ruhe müssen von allen akzeptiert werden, das heißt, sie müssen diese Regeln einführen und auf deren Einhaltung achten. Aus Ihrer Zuschrift folgere ich, dass Sie ein großes Problem damit haben, sich abzugrenzen und für sich gut zu sorgen. Aber Sie müssen Ihren privaten Bereich haben, sonst werden Sie von den Bedürfnissen der anderen aufgefressen! Pflegebedürftige Eltern sind eine echte Herausforderung, besonders, wenn sie schwierige Persönlichkeiten sind.

Ich höre von meinen Patienten immer wieder, dass das Zusammenleben mit den Eltern unter einem Dach immer mit Schwierigkeiten, Kränkungen, Enttäuschungen und viel Kraftaufwand behaftet ist.

Es ist und bleibt ein Spagat zwischen zwei ganz unterschiedlichen Parteien. Als erstes müssten Sie lernen, sich zu entspannen und loszulassen. Sie fühlen sich sehr verantwortlich für Ihre Eltern, aber Sie sind nicht wirklich für sie verantwortlich. Sie haben zuallererst eine Verantwortung für sich selbst, und das bedeutet, sich einen gesunden Egoismus zuzulegen. Oft ist das Sich-hintenan-Stellen ein altes Familienmuster, dem man schwer allein entrinnen kann.

Also würde ich Ihnen auch raten, sich professionelle Unterstützung zu holen, in einer tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie, wenn Sie die Ursachen für Ihr Verhalten interessiert, oder in einer lösungsorientierten Psychotherapie wie zum Beispiel der Hypnotherapie, wo die Blickrichtung auf Ihre Ressourcen und eher das Jetzt und Morgen gerichtet ist.

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